Mai 2022, Teil 2

19. Mai 2022

Ich möchte gerne irgendwann erfahren, wie das Leben das macht. Kaum ist man an einem Ort, an dem es einem so richtig gefällt, verfliegt die Zeit wie im Flug. Das ist wirklich ein Mysterium. Nungut, der Reihe nach. Am 16. Mai also bin ich hier angekommen, in Cavalaire sur Mer, etwa 20 Kilometer südlich von Saint Tropez. Diesmal war ich die Erkunderin, Tobias wollte sich noch Cannes ansehen und gegen Abend zu uns stoßen. Als ich am ausgewählten Campingplatz ankomme, ist der Schranken geschlossen, Mittagspause, aber nach kurzer Wartezeit taucht aus dem Nichts ein RICHTIG FESCHER TYP auf und erklärt mir alles – ich darf mir einen Platz aussuchen und auch schon einparken, wenn die Rezeption wieder geöffnet hat, soll ich mich dort anmelden. Unser Platz: Paradies. Wir stehen unter alten Bäumen im Schatten, Wanda spielt auf ihrer Decke und in zehn Minuten Gehweite, so heißt es, ist da draußen das Meer. Soweit die bereits gezeigten Fakts.

Den folgenden Tag verbringen wir vier am Platz, am Pool, am Meer und einfach in Ruhe, denn für den nächsten Tag haben wir einen Ausflug nach Sainnt Tropez geplant. 22 Kilometer Anreise per Rad, das darf geplant werden. Vorerst aber: Nachmittag am Meer.

Mir ist, als hätte ich eine Zeitreise gemacht, zurück in die 1960er Jahre, als die Cote d’Azur noch nicht überlaufen war und die Strände einsam. Hier ist das so und ich schwöre bei Gott, diesen Platz nicht zu verraten 😉 Es ist einfach unglaublich.

18. Mai 2022

Und heute ist es soweit: Saint Tropez! Ich bin mit dem Motorrad unzählige Male vorbei gefahren und ein einziges Mal hier stehen geblieben. Zu exklusiv, zu teuer, zu überlaufen, zu wenig Parkplatz, das waren die Argumente. Dieses Mal radeln wir mit dem Ebike und auch wenn die Strecke anstrengend ist, kommen wir wohl erholter in Saint Tropez an, als wenn wir mit dem Auto gefahren wären. Die Parkplatzsuche ist zwar auch mit dem Fahrrad nötig, aber wesentlich einfacher als mit Auto oder Motorrad und so verzurren wir unsere Fahrräder direkt am Hafen neben dem Verkaufsstand eines Künstlers – hier wird ja dann wohl doch niemand FAhrräder knacken, so die Hoffnung.

Ein erster Rundgang in Saint Tropez und wir sind entzückt, erklimmen die Burgruine und machen dort einen Rundgang, sehen die Bucht von Saint Tropez und auch den Hafen und landen schließlich bei DIOR zum Kaffee. Hier hat jedes Modelabel etwas mehr als nur einen Shop zu bieten und es fühlt sich großartig an, hier bestens betreut unter Palmen zu rasten.

Und dann noch ein wenig durch die Gassen schlendern, dem Film- und Gendarmeriemuseum einen Besuch abstatten und zum Schluss MEIN Höhepunkt des Tages: Die Schiffstour. Dazu habe ich einen ausführlichen Beitrag auf der Bullireisen geschrieben -> einfach hier lesen.

Ja, und dann ist der 20. Mai gekommen, Tobias zieht weiter und wir treffen uns vielleicht noch einmal an der Cite d’Azur. Aber man weiß ja nie, wie das so ist auf Reisen. Während ich das schreibe muss ich auch gleich gestehen, dass es wieder mal ganz anders gekommen ist, als geplant. Jetzt bleibe ich erst einmal in Cavalaire sur Mer, mir hat es der Platz hier sehr angetan, Wanda und ich gehen jeden Abend an den Strand und ich genieße die Ruhe am Meer. Während ich das schreibe muss ich auch gleich gestehen, dass es wieder mal ganz anders gekommen ist, als geplant.

22. Mai 2022

Am 22. Mai ziehe auch ich weiter und als ich schweren Herzens endlich losgefahren bin, fällt mir nach wenigen Kilometern ein böses, böses Geräusch auf. Der Käse ist, dass ich weder festmachen kann, woher es genau kommt, noch imstande bin, das Geräusch aufzunehmen, denn dazu ist es nicht laut genug. Auf allen Aufnahmen wird es vom Fahrtwind und dem Verkehrslärm übertönt. Und dennoch ist es da. Ich beschließe also, eine Testfahrt unter Belastung vorzunehmen, nix mehr mit gemütlich die Küste entlang zockeln, sondern rein in die Berge und mal ordentlich Kurven fahren. Nach etwa einer Stunde ist das Geräusch beim Fahren verchwunden, beim Lastwechsel aber da, ich bin erledigt und irgendwo 50 Kilometer im Hinterland. Ich werde langsam verzweifelt und wie so oft, wenn die Verzweiflung überschwappt, beschließe ich, an einen Ort zu fahren, an dem ich schon mal war, an dem ich mich sicher fühle. Chateauneuf du Pape ist meine Wahl. Also zusammenreißen und die gut 300 Kilometer hinter mich bringen.

Der Mann am Campingplatz ist begeistert, als ich ihm erzähle, dass ich 1991 schon einmal hier war, genau auf diesem Platz. Er fragt, ob ich noch Fotos hätte, denn er hat den Platz relativ neu übernommen und möchte gern ein wenig mehr über die Geschichte wissen. Da muss ich zu Hause mal in meinen Dias kramen!!! Ob ich damals auch Fotos vom Platz gemacht habe? Ich bin gespannt! Jetzt ist auf jeden Fall alles sehr neu hier, mit Bar und Pool und es ist richtig gemütlich und in Sichtweite zur alten Burgruine.

Ich bleibe zwei Nächte, plane, dann ein Stück in die Berge zu fahren, denn es wird langsam richtig heiß. Wanda hat keine Freude mehr bei über 32 Grad und ich gestehe, dass es mir genauso geht. Ich verzichte sogar auf einen Besuch in Avignon. Irgendwie ist mir das alles zu heiß. Mein nächstes Ziel also ist der Ardeche Nationalpark. Ich erhoffe mir, dass es dort einfach wesentlich kühler ist.

24. Mai

Auf der Fahrt dorthin grüble ich viel. Zum einen darüber, warum ich seit Beginn meiner Reise über 50 Gigabyte Datenvolumen verbraucht habe und dauernd nachkaufen muss. Ich kapiere es nicht wirklich. Dann auch über das Geräusch. Es zeigt sich nun deutlicher, immer dann, wenn ich Gas wegnehme, und es wird lauter. Außerdem lässt es sich lokalisieren, es kommt ganz eindeutig von links hinten. Meine Verzweiflung steigt.

Zudem macht mich die Routentante wieder wahnsinnig, mehrfach schickt sie mich in die absolute Pampa und ich stelle im Nachhinein fest, dass sei einer roten Ampel ausweichen wollte, vor der drei Fahrzeuge gewartet haben. Irgendwas ist da falsch eingestellt. Und auf einmal habe ich die große Erkenntnis. Ich habe diese Routentante das erste Mal 2019 verwendet, nicht gemocht und wieder gelassen. Dann war ein Jahr Reisepause. Dann wurde ich Garmin Partner und bekam ein neues, sehr cooles Navi. Das kam auch 2021 in Kroatien zum Einsatz. Und wie ich dann am Gardasee feststellen musste, ist das Ladekabel des Navis mitgefahren, das Gerät selbst aber liegt wohlbehalten zu Hause. Also navigiere ich seit knapp einem Monat mit dem Telefon und das nicht zu wenig!!! Das saugt naturgemäß Datenvolumen. Ich Depp habe daran nicht gedacht. Hätten wir also die Frage nach den Internetkosten geklärt. Fehlt nur noch das Geräusch.

Ich lande auf einem kleinen, verlassenen Campingplatz in der Nähe des Dörfchens Jaujac im Ardeche Tal. Hier spricht man nicht englisch und mit einiger Mühe einigen wir uns auf zwei Tage Internet. Nicht, dass die nicht wollten. Sie verstehen mich einfach nicht. Ich bin der einzige Gast am Platz und das belgische Paar, das zeitglich mit mir angekommen ist, fährt nach einer halben Stunde wieder. Irgendwie unheimlich. Das Toilettenhäuschen ist einige Gehminuten von meinem Platz entfernt, aber wenn ich Internet will, MUSS ich auf diesem Platz bleiben, soviel habe ich verstanden. Es funktioniert auch nur das Netz vom Platz, das Telefon hat kaum Empfang.

Ich montiere den Radlträger ab, schaukle an Carissima herum, kein Geräusch. Mache die Motorklappe auf, lasse den Motor laufen, gebe Gas, kein Geräusch. Packe alles wieder ein und beschließe, am nächsten Tag eine Probefahrt ohne Radlträger zu machen. Ich erledige alle Arbeit sehr früh, damit ich mich dann ganz und gar dem vermaledeiten Geräusch widmen kann. Tobias und Stefan unterstützen mich aus der Ferne. Am frühen Nachmittag fahre ich dann los, das Geräusch, ja, es ist da und es wird immer schlimmer. Ich quietsche durch Jaujac. Die Routentante sagt mir an, dass die nächste Werkstatt über 300 Kilometer entfernt ist und versagt dann völlig, weil das Netz so schlecht ist.

Ich verfahre mich ganz elend, könnte heulen und toben – und stehe plötzlich vor einer kleinen Autowerkstatt. Hier habe ich auch tatsächlich wieder Empfang. Ich downloade eine Übersetzungsapp und gebe den Satz „Ich höre ein Geräusch, das nicht hierher gehört“ in die App ein. Damit ausgerüstet gehe ich in die Werkstatt. Der Mann, der unter einem Auto hervorkriecht, liest den Satz, grinst und bringt mich ins Büro. Dort sitzt eine sehr freundliche Frau, die auch nicht englisch kann. Ich zeige meinen neuen Satz. Sie meint, fünf Minuten, und geht. Kommt mit ihrem Mann wieder. Und mit dem Sohn. Der ist vielleicht 10 Jahre alt und trägt den gleichen Overall wie sein Papa, mit Firmenlogo drauf. Er schraubt an einem alten Auto im Hof, mit seinem eigenen kleinen Werkzeugkoffer ausgestattet. Papa macht mit mir eine Probefahrt, hört das Geräusch und erklärt mir, dass die Hebebühne in 30 Minuten frei ist. Ich sage meiner App, dass ich eine App zum Übersetzen habe und lese ihm den Satz vor. Er lacht nur, vermutlich ist es ihm eh lieber, wenn er nichts erklären muss.

Nach 30 Minuten kommt Carissima auf die Bühne, er startet, lässt mich hören, ja, wenn sich die Antriebsräder drehen, hört man das Geräusch, ohne Last nur ganz leise, aber es ist da. Dann nimmt er die Radkappe ab, holt eine große Zange, dreht da irgendwas herum und ja, liebe Leute, ich habe tatsächlich KEINEN Tau, was er gemacht hat. Er lässt sie wieder von der Hebebühne, fährt eine Runde, kommt zurück und sagt „C’est bon“. Alles in Ordnung. Dann gehen wir ins Büro und er schreibt meine „Rechnung“. Ich gebe dem Nachwuchsmechaniker noch 20 Euro Trinkgeld, so erleichtert bin ich.

Nachdem das alles relativ rasch über die Bühne ging (hahahahaha, genau, Bühne) habe ich noch Zeit, mit dem Radl zur absoluten Attraktion der Gegend zu fahren. Auch hier verfahre ich mich und fahre fast den ganzen Berg hinauf, bis mir ein liebenswerter Franzose erklärt, dass ich völlig falsch bin. Wie auch immer, der Besuch der Schlucht hat die Strapazen gelohnt!

26. Mai

Es geht weiter! Erleichtert bin ich, froh. Carissima schnurrlt und wir machen uns auf den Weg, einmal quer durch Frankreich, Richtung Loire Schlösser. Nachdem ich diesmal richtig viel Arbeit mitgebracht habe und mich endlich damit abgefunden haben, dass das nun diesmal so ist, beschließe ich, nur noch kurze Etappen zu fahren. Das lässt mich entspannter ankommen, gibt noch Raum für die ein oder andere Erledigung und hinterlässt mich nicht mit dem Gefühl, dass ich nur arbeite, fahre und Dinge repariere. „Weiser Entschluss“, sagt Carissima. „Bist Du auch mal wieder gesprächsbereit“, sage ich. „Immer“, sagt sie, „aber manchmal hörst Du mich nicht“.

Wir bewegen uns Richtung Norden, Richtung Loire Tal, wie versprochen nur wenige Kilometer pro Tag. Ich habe eine Platz irgendwo im nirgendwo ausgesucht und wenn alles klappt, werden wir am frühen Nachmittag dort ankommen. Die Fahrt über kleine Landstraßen und durch die Dörfer ist einfach nur schön und zwischendrin muss ich immer wieder anhalten und könnte laut schreien „Wie schön, dass ich das alles sehen darf!!!“

Der Platz, auf dem wir landen, ist wieder am Ende der Welt, an einem Flüsschen, in der Nähe gibt es nur eine Brücke und an der Brücke eine Pizzeria. Soll einem nichts Schlimmeres passieren. Auf dem Platz blühen gerade irgendwelche Bäume wie verrückt und alle Grasflächen sind bedeckt mit weißem, flauschigem Zeug. Ich beschließe also, im Auto zu arbeiten, aber Carissima ist nach wenigen Stunden schon bedeckt mit klebrigen Blüten. Am Abend dann Pizza. Muss einfach sein.

Und dann ist Freitag und ich habe verdammt viel zu tun, bis dann am Nachmittag Fortbildungszoom mit Coach Robert stattfindet, zwei Stunden sitze ich da in der Sonne und bin froh, endlich vernünftiges Netz zu haben. Ja, langsamer zu reisen bringt es… dann hat man auch Zeit, sich nach Plätzen umzusehen, wo alles passt. Beim Abwaschen lerne ich zwei Damen aus den Niederlanden kennen, die sich sofort Hals über Kopf in Wanda verlieben. Ihr eigener Hund, so erzählen sie mir, ist vor einem halben Jahr gestorben. Er ist 17 geworden und sie vermissen ihn beide ganz furchtbar. Da stehen wir dann, mit unseren Geschirrtüchern vor dem kleinen Waschhaus und uns allen ist zum Heulen. Die beiden laden mich ein, bei ihnen noch ein Glas WEin zu trinken und wir tauschen noch Reisetipps und Routenpläne aus. Wanda ist das alles ein bisschen zu viel, sie verkriecht sich in meiner Jacke und schnarcht. Kann aber auch sein, dass es ihr einfach zu kalt ist, es hat nur noch 15 Grad.

28. Mai

Heute besichtige ich die Burgruine von Nonette, so heißt die Ortschaft hier. Das Dorf ist entzückend und sehr verlassen, es gibt nicht einmal ein Lebensmittelgeschäft oder eine Bar hier. Dennoch ist es bezaubernd und der Blick von der Ruine in die Landschaft ist atemberaubend.

29. Mai

Heute bin ich vier Wochen unterwegs und ich kann es kaum fassen, dass ich jetzt erst zur Ruhe komme. Andere Menschen haben nicht mal so viel Urlaub am Stück! Ok, ich habe keinen Urlaub… aber dennoch. Erst jetzt setzt das Gefühl ein, so richtig unterwegs zu sein. Heute brechen wir Richtung Loire Schlösser auf, unser erster Stopp wird Saint Amand Montrond sein. Von dort aus kann man das Chateau de Montrond und das Chateau Meillant besichtigen, mit dem Fahrrad. Also los geht’s!

Bevor es richtig losgeht, wird es noch einmal chaotisch, wohlgemerkt. Weil nämlich am Platz hier die Kreditkartenmaschine kaputt ist und ich nicht so viel Bargeld mithabe. Also werde ich zwei Dörfer weitergeschickt, weil dort der nächste Bankomat ist. Zwei Dörfer weiter wird grad großräumig umgebaut, sämtliche Straßen sind aufgerissen und bis ich mit all den Umleitungen und Geld abheben fertig bin, ist fast eine Stunde vergangen. Da denke ich mir, jetzt ist es noch nicht so heiß, da fahre ich auch gleich noch einkaufen. Beim Einkaufszentrum sehe ich eine Tankstelle, aber da stehen sie in Dreierreihen an, also nehme ich mir das für nachher vor, auch wenn es ein Umweg ist. Wo kann man sonst um unter 2 Euro tanken!

Zurück am Campingplatz gebe ich mein Geld ab, dann muss Wanda noch aufs Klo. Dann ich. Dann zurück zum Einkaufszentrum, wo ich nach dem Tanken auch noch eine Waschanalge entdecke. Die nutze ich naturgemäß, um all das klebrige Blütenzeugs von Carissima zu waschen. Also, was soll ich sagen. Ich wollte gegen Mittag in Saint Armand sein, es wird dann später Nachmittag. Ist auch egal. Ich erledige rasch das Tagespensum Arbeit, das ich mir vorgenommen habe und falle dann so, wie ich bin, einfach um und in meinen wohlverdienten Nachmittagsschlaf.

Der Campingplatz hier ist alt, aber gepflegt und vor allem, leer. Es sind außer mir noch drei andere Camper hier und die Wiese, auf der noch weitere 100 Plätze zur Verfügung stehen, die gehört jetzt Wanda ganz allein. Außerdem entdeckt Wanda entdlich eine Möglichkeit, am Fenster zu sitzen, so wie sie das auch zu Hause macht.

30. Mai

Nachdem das heute Arbeitspensum erledigt ist, geht es mit dem Fahrrad zu Schloss Meillant. Es geht acht Kilometer einfach nur bergauf und ich bin erstens froh, dass ich ein E-Bike habe und zweitens, dass es zurück dann nur noch bergab geht. Es ist nicht wirklich warm, knapp 20 Grad hat es, und das macht die Fahrt auch einfacher. In Meillant angekommen muss ich feststellen, dass das Schloss heute zu hat und dass man von außerhalb der Schlossmauer nicht einen einzigen kleinen Blick auf das Gemäuer werfen kann.

Zum Trost gehe ich in eine kleine Teestube. Es wundert mich, dass es so etwas in diesem gottverlassenen Dorf gibt. Die engen Straßen sind ausgestorben, zwischen den alten Häusern steht die Hitze und niemand ist unterwegs. Der Tee mit Kuchensortiment dafür ist eine einzige göttliche Überraschung. Wunderbar! Ich spiele mit dem Gedanken, hier morgen zu frühstücken.

31. Mai

Mein Entschluss von gestern Abend, in die entzückende Teestube zum Frühstück zu fahren und vielleicht auch noch das Schloss Meillant zu besichtigen, ist bis zum Morgen gereift. Um Punkt 10 Uhr stehe ich vor dem Schloss, um 10.15 beginnt die Führung. Die Dame an der Kassa erklärt mir nun aber, dass sie leider nur beschränkt Führungen anbietet, weil zurzeit im Schloss umgebaut wird, dass man aus diesem Grund den Park auch nicht allein besichtigen darf und darum das Schloss auch nicht sieht, denn es ist versteckt hinter alten Bäumen und dass die Führung auf Französisch sein wird. Meine Enttäuschung ist mir offenbar ins Gesicht geschrieben, denn sie mein nach einigem Zögern, dass sie rasch das Kassenhäuschen absperren wird und mit mir in den Park gehen wird, damit ich zumindest einen Blick auf das Schloss werfen kann. Es ist umwerfend!

Wir kommen ins Gespräch und die Dame sieht irgendwann auf die Uhr. Dann meint sie, wenn bis 10.15 keine anderen Kunden kämen, würde sie mir eine Privatführung geben. Auf Englisch. Und das wird grandios. Wir gehen eineinhalb Stunden lang durch den Park, um das Schloss und in die Schlosskapelle und ich erfahre so ziemlich alles über die eintausend Jahre alte Geschichte des Schlosses, der Familie, in dessen Besitz es sich befindet und das Dörfchen Meillant.

Zurück im Kassenbereich stattet mich die Dame auch noch mit einem Stapel Schlossprospekten aus und weist mich darauf hin, welche Schlösser ich UNBEDINGT noch ansehen müsse. Wenn die wüsste, dass ich ursprünglich nur wegen einer Fernsehserie hier bin! Ich Kulturbanause. Immerhin weiß ich aber nun sicher und für immer, dass Marie Antoinette, unsere österreichische Prinzessin, das Croissant nach Frankreich gebracht hat und dass man alle süßen Frühstücksteilchen seitdem „Viennoisserie“ nennt. „Das Wienerische“ übersetzt.

Das Teestübchen hat heute leider Ruhetag und so fahren wir los. Wieder mal ohne Frühstück, verflixt, und jetzt ist es schon nach 12.

Die Landschaft ist unglaublich verlassen hier. Ich fahre über Nebenstraßen, die mich an damals erinnern, als wir mit den Motorrädern kreuz und quer durch Frankreich gereist sind. Über drei Stunden komme ich nur durch fünf Dörfer, keine Tankstelle, kein Restaurant, kein Supermarkt. Dafür Idylle pur. Irgendwann ein Supermarkt mit Tankstelle, ich kaufe ein Baguette und tanke voll, man weiß ja nie. Ich sehe nun immer häufiger Menschen mit Masken und frage mich, ob ich etwas versäumt habe oder ob die Menschen hier einfach ängstlicher sind. Dass auch die Franzosen über eine Impfpflicht diskutieren habe ich den Medien entnommen, aber das war irgendwann mal zwischendrin im Radio. Wer weiß, was dran ist.

Wir kommen erst am späten Nachmittag in Montrichard an. Von hier aus sind es nur wenige Kilometer zu den verschiedensten Loire Schlössern. Der Campingplatz macht mich ein wenig fremdeln. Wir sind hier zum ersten Mal seit langem wieder in einer Stadt. Man kann die Straße hören und direkt hinter dem Platz ist ein riesengroßer Supermarkt. Ich muss mich erst wieder an die Zivilisation gewöhnen. Auch daran, dass hier viel mehr Menschen sind. Wir bekommen einen winzigkleinen Platz in der prallen Sonne zugeteilt. Aber das geht nicht. Den tausche ich um, gegen einen doppelt so großen Platz im Schatten alter Bäume.

Wanda ist heute unglaublich lästig, obwohl wir so lange ums Schloss spaziert sind. Also gehen wir, bevor ich ENDLICH was zu essen bekomme, noch einmal spazieren. Als ich zurück komme, sitzt eine Taube neben meinem Tisch und ich bin mir nicht sicher, ob sie nicht am Salat war. Vogelgrippe, fällt mir ein. Die Pest sowieso. Nachdem ich aber schon wirklich großen Hunger habe, schütte ich schlicht einen großen Schuss Whisky über den Salat, der desinfiziert ja, und hoffe mein Bestes. Nach drei Bissen Salat merke ich, dass Whisky auf nüchternen Magen nicht unbedingt zur Fokussierung beiträgt. Ich beschließe also, das Abendessen zu vertagen und mache mich an die Arbeit.

Und das ist unsere Route bis jetzt…

Und hier geht es weiter!

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